Wie man als Betriebsrat in wirren Zeiten einen kühlen Kopf bewahrt

Flyer_DGB_Mitbestimmung_140416Am vergangenen Donnerstag hatte ich das Glück und die Freude auf dem DGB-Fachtag „Mitbestimmung unter Druck“ neben Günter Wallraff einen Vortrag halten zu dürfen. Torsten Weber vom Bildungswerk Bayern hatte mich dazu nach München eingeladen. Mit über 200 BetriebsrätInnen war die Veranstaltung zum Thema Union-Busting erfreulich gut besucht.

Für mich war das ein besonderer Tag, weil ich dabei Günter Wallraff begegnet bin. Ich hätte mich sehr gerne mit der Reporter-Legende unterhalten und ihm gesagt, wie sehr mich sein Buch „Von einem der auszog und das Fürchten lernte“ als Schüler beeindruckt hat. Seine Arbeit war einer der Gründe, warum ich nach dem Abitur eine Ausbildung bei der Zeitung angefangen habe. Leider kam Günter ziemlich spät und musste am Ende der Veranstaltung gleich wieder zum Flughafen. In den Pausen war der berühmte Kollege mit Bücher-Signieren beschäftigt, so dass leider keine Zeit für ein Gespräch blieb. Sehr schade, aber es war trotzdem ein toller Nachmittag.

Sabine Eger begrüßte die TeilnehmerInnen als Geschäftsführerin des Bildungswerks. Den Einstieg ins Thema machte Matthias Jena, Vorsitzender des DGB in Bayern. Er berichtete über die Offensive Mitbestimmung des DGB. Günter Wallraff erzählte von seiner Arbeit für work watch; einer Initiative, die er 2012 zusammen mit Arbeit und Leben NRW ins Leben gerufen hat. Der Arbeitnehmer-Rechtsanwalt Friedrich Schindele machte die Grenzen juristischer Durchsetzung von Mitbestimmung deutlich und warb für die enge Verzahnung der Betriebsratsarbeit mit den Beschäftigten und der Gewerkschaft.

Ich habe von unseren Erfahrungen als Betriebsrat während und nach der WELTBILD-Insolvenz erzählt. Dabei mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass einige Beschäftigte in der Krise gegen BR und Gewerkschaft agitieren – und damit irrational gegen ihre eigenen Interessen handeln. Die Erklärung für dieses seltsame Phänomen habe ich in der psychologischen Forschung gefunden: viele dieser Verhaltensweisen lassen sich als Angst-Reaktionen sehr schlüssig erklären. Im dritten Teil meines Vortrags habe ich Vorschläge gemacht, was Interessenvertretungen tun können, um die Belegschaft auch unter extremen Druck zusammenzuhalten.

Als ich den Beitrag vorbereitet habe, war ich mir nicht sicher, ob es gelingen würde, die psychologischen Mechanismen allgemeinverständlich darzustellen. Ich habe ziemlich lange an den entsprechenden Passagen gefeilt und rigoros jedes Fach-Kauderwelsch eliminiert. Die Mühe hat sich offenbar gelohnt: Nach meinem Vortrag kamen etliche KollegInnen zu mir und waren sichtlich begeistert. Einer hat mir am Freitag sogar eine E-Mail geschrieben:

Servus Timm,
ich war gestern bei Deinem Vortrag in München. Ich war total
begeistert über das Thema, den verständlichen Aufbau und wie Du es
vermittelt hast. Ich würde mir gerne Deinen Vortrag zum Nachlesen
aufheben und wollte Dich fragen, ob Du ihn mir evtl. senden würdest.
Ich bin immer noch total fasziniert, Gruß …

Deshalb habe ich die wichtigsten Folien meines Vortrags in einem PDF-Dokument zusammengefasst und zum kostenlosen Download bereitgestellt. Wenn meine Arbeit euch in einer ähnlichen Situation weiterbringt, hat sich die Mühe gelohnt. Für Rückfragen und Anregungen könnt ihr gern das Kontakt-Formular nutzen. Oder ihr hinterlasst einen Kommentar unter diesem Beitrag. Das würde mich freuen.